Sebastians balcony.

Sebastian Molzahn ist Kreativer und als Multitalent in vielen Disziplinen zuhause – Malerei, Illustration, Innenarchitektur, Design bis hin zur liebevollen Schellackpolitur restaurierter Antiquitäten. Die Facetten seiner Interessen sind grossflächig.

Kein Wunder also, dass er die Welt erkunden musste und letztlich auf dem farbenfrohen Kontinent Südamerika ein neues Zuhause gefunden hat. Dass seine Wurzeln im Rheinland liegen, merkt man schnell an seiner Weltoffenheit und der Freude daran, Neues zu entdecken. Willkommen auf seinem »balcony«.


Nachhaltige Transformation einer Metropole.

Guten Kaffee, palmengesäumte Strände und den berühmten Drogenbaron Pablo Escobar – das sind die Dinge, die viele von uns mit Kolumbien verbinden. In Medellín, der zweitgrößten Stadt des Landes, war das Drogenkartell verwurzelt und sorgte dafür, dass Medellín als gefährlichster Ort der Welt galt. Doch das hat sich längst geändert – denn als Escobars Machenschaften endeten, erfuhr auch die Stadt einen Neustart.

Inzwischen gilt Medellín als pulsierende, weltoffene Metropole, wurde 2013 von City Bank und „Wall Street Journal“ sogar zur „innovativsten Stadt der Welt“ gekürt. Wie es sich in dieser Stadt der Extreme lebt, und wie man dort als deutscher Designer sein Glück finden kann, weiß der gebürtige Düsseldorfer Sebastian Molzahn. Bei einem leckeren kolumbianischen Kaffee und in der ersten Frühlingssonne auf dem Balkon hat er uns von seinem Lebensweg erzählt, der ihn letztlich in die „Stadt des ewigen Frühlings“ geführt hat.

the balcony: Du hast viele Jahre in Rio de Janeiro, Brasilien, gelebt, jetzt wohnst du in Medellín, der einst gefährlichsten Stadt der Welt. Brauchst du die Steigerung, Sebastian?

Sebastian Molzahn: Das mag so wirken, aber nein. Kolumbien ist ein Land im Wandel und bietet viele spannende Kontraste – genau das hat mich gereizt. Außerdem haben Freunde von mir schon in einem Vorort von Medellín gelebt und davon geschwärmt. Generell übt Südamerika eine hohe Anziehungskraft auf mich aus: die Menschen, ihr Lebensgefühl, die Farbenpracht. Als Designer packt mich diese Lebendigkeit immer wieder aufs Neue.

the balcony: Aber trotz des Wandels ist die Geschichte der Stadt doch immer noch präsent. Das ist sicherlich nicht förderlich für die Außenwirkung auf Investoren oder Reisende.

Sebastian Molzahn: Natürlich hat die Diktatur Escobars seine Spuren hinterlassen. Und gerade Touristen kommen zum Teil her, um auf den Spuren des Drogenbosses zu wandeln. Eine Serie wie „Narkos“, die den Aufstieg von Pablo Escobar zum Thema hat, hilft da auch nicht, sondern facht den Hype noch an. Das zeigt eindrucksvoll, welche Macht die Medien haben, um das Image einer Stadt zu prägen und damit auch die Wahrnehmung im Ausland mitzugestalten. Im Fall von Medellín ist das ein zweischneidiges Schwert. Die hohe Aufmerksam ist Fluch und Segen zugleich.

Die Menschen, ihr Lebensgefühl, die Farbenpracht – das packt mich immer wieder aufs Neue.

the balcony: Dein Design ist unglaublich vielfältig. Du nennst es selbst „Tropical Design“. Trifft hier deutsche Strenge auf südamerikanische Leichtigkeit?

Sebastian Molzahn: Sicherlich ist meine Arbeit eine Mischung aus unterschiedlichen Einflüssen. Künstlerisch und auch kulturell bin ich durch meine Mutter geprägt, die Lehrerin war. Auch wenn ich in Kolumbien lebe, ist Deutschland immer in meinem Kopf und prägt den konzeptionellen Bereich meines Arbeitens. Aber bei aller Disziplin in der Sache, darf die Leichtigkeit nie verloren gehen. Außerdem sollte es keine Schranken zwischen Kunst, Design und Innenarchitektur geben – das greift alles ineinander. In deutschen Agenturen sieht man häufig zuerst die strengen Rahmenbedingungen und dann die Freude an der Aufgabe. Bei MEHR+ ist das anders – und das prägt auch die erfolgreiche Zusammenarbeit, die wir seit Jahren führen.

the balcony: Auch kolumbianische Kreative haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die Entwaffnung der Farc friedlich verläuft. Ist auch das ein besonders einfallsreicher Umgang mit Konflikten?

Sebastian Molzahn: In gewisser Weise schon. Doch die Folgen aus den langanhaltenden bewaffneten Konflikten werden noch lange im Land zu spüren sein. Man muss sich vor Augen führen, dass sechs Millionen Kolumbianer vertrieben wurden – das ist nach Syrien die zweithöchste Zahl an Flüchtigen weltweit. Auch das Friedensabkommen hat seine Schattenseiten, da es für das Land politische und strukturelle Veränderungen mit sich gebracht hat. Doch die vorherrschende Aufbruchsstimmung birgt auch viele Chancen, das erlebe ich in Medellín tagtäglich.

Bei aller Disziplin in der Sache, darf die Leichtigkeit nie verloren gehen.

the balcony: Danke für die tollen Gastgeschenke, die du uns mitgebracht hast. Hier ist gleichsam Aufbruchsstimmung und Tradition im Spiel.

Sebastian Molzahn: Ja, und das zeigt gut, wie Kolumbien geprägt ist. Dank der hohen Qualität der lokalen Kaffeesorten ist Kolumbien für Kaffeeliebhaber genau das Richtige. Die junge Kaffeemarke, die wir gerade trinken, wurde in New York sogar als weltbester Kaffee prämiert. Außerdem habe ich landestypische Wayúu-Taschen mitgebracht, die Kolumbien mit ihrer Farbenpracht perfekt repräsentieren. Das ist auch den Modedesignern aufgefallen, denn die handgefertigten Taschen waren schon auf den Laufstegen der Welt. Denn das ist eben auch Kolumbien – nicht nur ein Land mit einer kriminellen und konfliktreichen Vergangenheit, sondern auch die Wiege toller Ideen, die vor Leben nur so sprühen.

Sebastian Molzahn ist gebürtiger Düsseldorfer, aber inzwischen in Medellín zuhause. Dort arbeitet der 40-Jährige als Designer und Illustrator.

www.sebastianmolzahn.com

Lateinamerikanische Rhythmen sind auf dem internationalen Pop-Markt gefragt und werden auch auf »balcony« gerne gehört. Passend zur Kaffeepause mit Sebastian lief das Stück »Medellin« von Madonna und dem kolumbianischen Sänger Malumba. Hör doch mal rein: MADOONA+MALUMBA | MEDELLÍN

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